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Das Tool zur Berechnung und Visualisierung von Ähnlichkeiten zwischen Konstruktionen ermittelt semantische Gemeinsamkeiten auf Grundlage übereinstimmender oder relatierter evozierter Frames. Dieser Ansatz fußt auf der Prämisse, dass Konstruktionen, die die gleichen oder miteinander relatierte Frames evozieren, als funktional ähnlicher einzustufen sind als Konstruktionen, die unterschiedliche, nicht miteinander relatierte Frames evozieren.
Primäre und nicht-primäre evozierte Frames
Hierbei gibt es Abstufungen: primär evozierte Frames, also Frames, die die Grundbedeutung einer Konstruktion umfassen, werden bei Übereinstimmung höher bepunktet als so genannte nicht-primäre Frames; nicht-primäre Frames unterscheiden sich von primären dadurch, dass sie nur zusätzliche, nicht-konstitutive Bedeutungsaspekte einer Konstruktion abdecken. Die Erfüllung einzelner Kriterien wird also je nach Gewichtung dieser unterschiedlich bepunktet: Ein übereinstimmender primärer Frame führt zum Beispiel zu dreimal so vielen Punkten wie ein übereinstimmender nicht-primärer Frame. Auch relatierte primäre Frames erhalten – abhängig von der Relationsart – mehr Punkte als relatierte nicht-primäre Frames. Zu beachten ist, dass ein übereinstimmender Frame, der bei einer Konstruktion primär und bei der anderen nicht-primär evoziert wird, wie ein übereinstimmender nicht-primärer Frame bepunktet wird. Auch relatierte Frames (bei einer Konstruktion primär und bei der anderen nicht-primär evoziert) werden wie relatierte nicht-primäre Frames bepunktet.
KE-FE-Mapping
Ebenfalls berücksichtigt werden Übereinstimmungen im Mapping der Konstruktionselemente (KE) auf Frame-Elemente (FE) des evozierten Frames. Ein (primärer) Frame erfasst die Bedeutung einer Konstruktion vollständig, wenn ihre Kern-Konstruktionselemente (Kern-KE) auf entsprechende Kern-Frame-Elemente (Kern-FE) mappbar sind, d.h. wenn die Kern-FE die Bedeutung der jeweiligen Kern-KE abdecken. Nicht-Kern-KE und -FE bilden wiederum periphere oder allgemeine Bedeutungsaspekte ab, die auch von Konstruktionen geteilt werden können, aber für die Grundbedeutung weniger relevant sind. Die Übereinstimmung des Mappings auf Kern-FE wird deshalb höher gewichtet als übereinstimmende Nicht-Kern-FE. Wurden die (Kern-)KE zweier Konstruktionen auf die gleichen (Kern-)FE eines Frames gemappt, deckt der Frame gleichermaßen die Bedeutungsbestandteile beider Konstruktionen ab. Stimmt das Mapping nur teilweise überein, werden wiederum nicht alle Bedeutungsaspekte geteilt und die Konstruktionen sind sich semantisch weniger ähnlich. Noch geringere Ähnlichkeit liegt vor, wenn das KE-FE-Mapping zweier Konstruktionen gar keine Übereinstimmung aufweist, obwohl der gleiche Frame evoziert wird.
Relationen zwischen Frames
Das FrameNet bildet Frames in ihren Beziehungen untereinander in einer Netzwerkstruktur ab, wobei funktional nachweisbar eng verwandte Frames in so genannten Frame-Familien organisiert sind. Die Familienstruktur ergibt sich aus den unterschiedlichen Relationen, die zwischen Frames bestehen (z.B. VERERBUNG oder VORAUSGEHEND_VON). Es ist also möglich, dass die evozierten Frames zweier Konstruktionen zwar nicht übereinstimmen, gleichwohl aber aus einer gemeinsamen Frame-Familie stammen und damit miteinander relatiert sind. Frames, die einer gemeinsamen Frame-Familie zugehören, werden als semantisch ähnlicher klassifiziert als Frames unterschiedlicher Familien. Das System berücksichtigt deshalb auch relatierte Frames einer gemeinsamen Familie und bepunktet je nach Relationstyp und Abstand zwischen den Frames (Kantenanzahl) das Vorhandensein relatierter primärer und nicht-primärer Frames.
Punktzahl als Indikator für Ähnlichkeit
Nach Auswahl einer Konstruktion prüft das System alle im Konstruktikon hinterlegten Konstruktionen auf die Erfüllung der genannten Kriterien. Jede Übereinstimmung oder teilweise vorliegende Übereinstimmung führt nur einmal zur Bepunktung; ein übereinstimmender nicht-primärer Frame, der zusätzlich eine gemeinsame Relation zu einem weiteren Frame aufweist, erhält nur die Punkte für die Übereinstimmung und nicht zusätzlich Punkte für die Relation. Grundsätzlich ist die Anzahl der durch eine Konstruktion evozierten Frames und damit auch die sich daraus ergebende maximale Punktzahl nicht gedeckelt. Es gibt jedoch immer nur einen primär evozierten Frame pro Konstruktion. In den meisten Fällen kommen nicht mehr als zwei zusätzliche nicht-primäre Frames hinzu. Wie hoch der erreichbare Ähnlichkeitswert einer Konstruktion sein kann, hängt also von der Anzahl der von ihr evozierten Frames ab; eine Konstruktion mit einem primären und einem nicht-primären Frame kann rechnerisch höchstens einen Ähnlichkeitswert von 145 mit anderen Konstruktionen aufweisen. Eine Konstruktion mit einem primären und zwei nicht-primären Frames kann höchstens einen Wert von 180 erreichen. Derzeit (Stand 1/2024) weisen nur circa 5 % der Konstruktionen eine Ähnlichkeit zu anderen Konstruktionen mit einem Wert von über 120 Punkten auf, während zwei Drittel aller Konstruktionen nur einen Ähnlichkeitswert von maximal 90 Punkten erreichen.
Das Punktesystem im Überblick
Die folgende Tabelle fasst die Kriterien sowie ihre Bepunktung zusammen. Die Punktezahl bei relatierten Frames berücksichtigt auch die Distanz zwischen den Frames, also die Anzahl der Kanten; die erste Zahl bezieht sich auf einen Abstand von einer Kante, die zweite von zwei Kanten usw.
Kriterium |
Punktzahl |
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