Analyse von Konstruktionen

Analyse von Konstruktionen

Im Konstruktikon werden Konstruktionen (Form-Bedeutungs-Paare variierender Komplexität und Schematizität) in formaler, semantischer, funktionaler und pragmatischer Hinsicht beschrieben. Grundlage der Analyse von Konstruktionen und der darauf basierenden Erstellung von Konstruktionseinträgen sind syntaktische und semantische Annotationen authentischer Daten. Zu den wichtigsten semantischen Annotationskategorien gehören das Konstruktionsevozierende Element (KEE), das Konstruktionselement (KE) und das Konstrukt. Darüber hinaus haben wir die Kategorie Korrelierendes Element (KorE) eingeführt.

Ein KEE ist ein Konstruktionselement, das fest mit einem lexikalischen Element oder einem Mehrwortausdruck belegt ist. Es evoziert in Verbindung mit bestimmten KE die Konstruktion. Das KEE bildet so etwas wie den lexikalischen ‚Anker‘ einer Konstruktion. Beispielsweise evoziert etwa die Zweiworteinheit was für (in Verbindung mit anderen KE) in Sätzen wie Was für ein schöner Tag ist das! oder Was für ein Zufall, dich hier zu treffen! die Exklamativ-Konstruktion.

Es gibt aber auch zahlreiche Konstruktionen, die lexikalisch nicht spezifiziert sind und somit über kein festes lexikalisches Element verfügen. Je schematischer eine Konstruktion ist, d.h. je weiter die Konstruktion im Kontinuum von Wörtern bis zu abstrakten grammatischen Kategorien und Strukturen bei Letzteren zu verorten ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie keine festen lexikalischen Elemente enthält. Beispielsweise ist die Doppelobjekt-Konstruktion (Er gab ihr einen Keks) nur durch strukturelle Eigenschaften und ohne lexikalischen ‚Anker‘ definiert.

Bei KE handelt es sich um Slots (Leerstellen) einer Konstruktion. Sie bilden, neben dem KEE, die Bestandteile einer grammatischen Konstruktion. Bei den KE wird wiederum zwischen Kern-KE und Nicht-Kern-KE unterschieden. Kern-KE konstituieren – gemeinsam mit dem KEE – die semantisch motivierte Struktur einer Konstruktion. Wenn sie Teil der sequenziellen Abfolge der Konstruktion sind, handelt es sich um interne Kern-KE. Externe Kern-KE können an beliebiger Stelle der Konstruktion realisiert sein und sind somit nicht Teil der von der Konstruktion determinierten sequenziellen Abfolge. Nicht-Kern-KE bringen eine zusätzliche Funktion/einen zusätzlichen Bedeutungsaspekt mit in die Konstruktion ein. Im Anschluss an die FrameNet-Annotationskonventionen werden die sprachlichen Elemente, die ein KE realisieren, durch eckige Klammern ausgewiesen. Zusätzlich wird der KE-Name jeweils als Index in Kapitälchen angefügt. Der Name basiert auf der semantischen Definition und der Funktion des KE und soll es möglichst treffend beschreiben. Beispielsweise zeichnet sich die Exklamativ:was_für_XP-Konstruktion (Was für ein schöner Tag das ist!) im Wesentlichen durch das KE STIMULUS aus. Es zeigt an, was die durch die Konstruktion kodierte Emotion der Überraschung auslöst; in dem erwähnten Beispielsatz ist dies „ein schöner Tag“.

Bei einem Konstrukt handelt es sich um eine konkrete sprachliche Realisierung der Konstruktion. Ein Konstrukt ist also jener Teil einer sprachlichen Äußerung, der durch die Konstruktion lizenziert ist. Es umfasst das KEE und die internen Kern-KE. Der durch eine Konstruktion lizenzierte Bereich – das Konstrukt – wird in der Annotation mit geschweiften Klammern markiert.

Das nachfolgende Beispiel illustriert die Annotation der Kategorien KEE, KE und Konstrukt an einem Beispiel:

{Was_für [KEEWas für] [Stimulusein schöner Tag]} das ist!

Zusätzlich zu solchen semantischen Annotationen wird jedes KE und jedes KEE syntaktisch (in Bezug auf Kategorie und grammatische Funktion) annotiert.

Ein KorE ist ein Wort oder eine Mehrworteinheit, das bzw. die mit einer Konstruktion zusammen auftritt und eine (semantische, pragmatische, diskursfunktionale oder syntaktische) Eigenschaft der Konstruktion verstärkt. KorE haben keinen KE-Status. Das liegt daran, dass sie die semantisch motivierte Struktur der Konstruktion nicht motivieren, sondern nur gewisse Aspekte verstärken. Zusätzlich werden sie häufig innerhalb eines KE realisiert. Im Falle der Familie der Exklamativ-Konstruktionen können z.B. Modalpartikeln wie aber, denn und doch (Wie schön doch der Tag ist!) oder Interjektionen (Mein Gott, wie schön der Tag ist!) den Status von KorE haben, denn sie verstärken die durch die Konstruktion kodierte Überraschung der Sprecherin bzw. des Schreibers.